500 Jahre Reformation – was ist noch zu spüren?

Der 31. Oktober 2017 ist ein besonderer Tag. Nicht etwa, weil Halloween, der Gruselevent aus dem angelsächsischen Raum, sich als (Marketing-)Trend in Europa etabliert hat. Ein historisch bedeutenderes Geschehen jährt sich an diesem Datum zum 500. Mal. Martin Luther veröffentlichte an diesem Tag seine 95 reformatorischen Thesen. Ob das durch Briefe – was als sicher gilt – oder auch mittels des überlieferten „Thesenanschlags“ an der Wittenberger Schlosskirche geschah, ist in der Forschung nicht ganz geklärt. Die Wirkungsgeschichte dieser Thesen über die Umkehr (Luther: Busse), die göttliche Vergebung und gegen die kirchliche Ablass-Lehren ist jedoch zweifelsfrei belegt. Mit diesem Ereignis begann die  Reformation.

Die Tür der 95 Thesen – Schlosskirche in Wittenberg.

sar. Auch die Freien Evangelischen Gemeinden gehören zum reformierten Zweig der chistlichen Konfessionen. Die Wurzeln der evangelischen Freikirchen gehen zeitlich nicht direkt auf die Reformation zurück. Die sogenannten „FEG’s“ entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts in Bern und St. Gallen als eine Erneuerungsbewegung innerhalb der  reformierten Landeskirche. Das Erbe der Reformation ist aber im Leben unserer Gemeinde spürbar. Grund genug, uns während des Jubiläumsmonats eingehender mit Luther zu befassen.

Über Luthers Leben und Gedanken zu lesen ist schon interessant. Doch um einiges näher begegnet dem Reformator, wer sich die Mühe macht, Luthers eigene Texte zu lesen. Hier spürt der Leser selbst nach einem halben Jahrtausend noch etwas, das sich schlecht in Zusammenfassungen ausdrücken lässt: Die persönliche Betroffenheit, Echtheit, die konkreten und differenzierten Argumente – eine berührende Begegnung mit einem, der ganz ergriffen und überzeugt ist. Ich habe mich darauf eingelassen. Viele Luther-Texte finden sich im Zeitalter der digitalen Bibliotheken mit ein paar Google-Klicks. Aus dieser Begegnung sind die folgenden Predigten entstanden.

Zum Reinhören:

„Glaube statt Werke“: Was hat Luther dazu geführt, den Glauben so sehr zu betonen? Warum ist es wichtiger, auf Gott zu schauen (zu vertrauen…) als auf sich selbst fixiert zu sein? Eine zeitlose Wahrheit…

 

„Der höchste Stand – der Christenstand“: Luther lebte im Mittelalter. Es herrschte eine feste Ständeordnung. Für viele ein schweres Los. Luthers Predigt vom Christenstand war eine Revolution. Übrigens auch für unsere modernen Identitätsfragen ein wichtiges Wort…

Die Reformation in vier Stichworten:

Solus Christus – was wir von Gott wissen, ist im Leben des Gottessohns Jesus Christus sichtbar geworden. Er zeigt die Liebe Gottes, ist gleichzeitig Richter und Retter. Auf ihn ist das Vertrauen gerichtet. In den überlieferten Worten von Jesus selbst: „Wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat.“

Sola gratia
– Gottes Gnade rettet uns. Was wir zu leisten vermögen, reicht nie aus, gerecht zu werden. Dass Gott sein Ja aus Gnade schenkt, ist der Beginn des Glaubenswegs, nicht die Folge irgend einer guten Leistung.

Sola scriptura – die Bibel ist die alleinige Grundlage des Glaubens. Sie soll gelesen und verstanden werden. Luther sorgte mit seiner deutschen Übersetzung dafür, dass dieses Buch allgemeines und zugängliches Gut wurde.

Sola fide – vielleicht der am meisten missverstandene Grundsatz. Luther erlebte eine Kirche, in der Vergebung und Gnade mit Busshandlungen oder gar Geldzahlungen verbunden war. Der Römerbrief wurde ihm zum Schlüssel: „Denn wir sind der Überzeugung, dass der Mensch gerecht wird durch Glauben, unabhängig von Werken des Gesetzes.“

 

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