Der Gottesdienstraum der Freien Evangelischen Gemeinde war am letzten Sonntag in ungewohnter Weise eingerichtet. Die rund 120 Menschen, die alle auf kleinen und grossen Stühlen Platz gefunden hatten, waren in erwartungsvoller Haltung gekommen. Die Verdunkelungsvorhänge waren gezogen und eine bunt gemischte Schar von Menschen – Besucher, viele Kinder, Gemeindeglieder, sowie Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern – blickte mit Spannung auf die in Schwarz gehüllte Bühne.
Was würde sich hier gleich abspielen? Nach einer freundlichen Begrüssung durch Gemeindeleiter Moritz Rusterholz wurden die Zuschauer sogleich entführt: in die Welt des Marionettentheaters und ins Zentrum der Weihnachtsgeschichte nach Jerusalem und Bethlehem. Die von der Regisseurin Lotti Sieber-Marti selbst hergestellten, ausdrucksstarken Puppen, mit sicheren Händen an kaum sichtbaren Fäden geführt, erzählten die Geschichte der Menschwerdung Gottes. Maria wurde durch den Engel Gabriel angekündigt, dass sie den Sohn Gottes zur Welt bringen würde. Josefs daraus entstandenes Dilemma wegen seiner unerklärlicherweise schwanger gewordenen Frau konnte man mitempfinden. Seine grossartige Verantwortung, die er souverän meisterte, beeindruckte: Mit einfühlsamer Liebe führte er seine hochschwangere Frau Maria nach Bethlehem. Der König hatte den Erlass einer Volkszählung genau im Moment der Niederkunft Marias gegeben. Schwer musste es gewesen sein, als Maria und Josef keinen Einlass in eine Unterkunft gewährt wurde. Umso bewegender war die Einsicht Marias, dass Gottes Sohn, den sie unter ihrem Herzen trug, nun an diesem einfachen Ort zur Welt kommen würde. So war es gedacht gewesen. In Einfachheit würde sich der Herr der Herren auf dieser Welt niederlassen. Und man hatte keinen Platz für ihn. Von Herodes wurde er verfolgt. Bei den Hotelbesitzern war er nicht willkommen. Dass Gott ein Gott aller Menschen ist, zeigte der weitere Verlauf der Geschichte: Weise wie auch einfache Hirten fanden den Weg zu Jesus in der Krippe. Kurz darauf wurde Jesus zum Flüchtling, nachdem sein Vater in einem Traum den Hinweis von Gott erhalten hatte, nach Ägypten zu ziehen, um dort der Grausamkeit des Königs Herodes zu entkommen. Erst viele Jahre später sollte Jesus dann getötet werden. Als Opfer für unsere Sünden hat Jesus selbst den Weg ans Kreuz auf sich genommen. Dieses Kreuz und der Stern von Bethlehem standen – untermalt von der Musik des grossen Hallelujas – zum Schluss noch auf der Bühne und versinnbildlichten, wie eng die Krippe und das Kreuz zusammengehören.
Die einfach gehaltenen Textpassagen, die sich nahe an die biblische Überlieferung hielten, erzählten einerseits das Wesentliche der Geschichte und schafften es gleichzeitig, die Befindlichkeit der Betroffenen mitzuteilen. Die ausgeklügelten Bühnenbilder wurden von der Marionetten-Crew mit ruhiger Hand geschickt und zügig umgestellt. Die in Schwarz gekleideten Künstler waren es, die den Puppen Leben verliehen. In feinen Nuancen bewegten sich die echt wirkenden Kunstwerke, wobei die spielenden Künstler selber stets dezent und unspektakulär im Hintergrund blieben. Die Dialoge wurden zusätzlich untermalt von passend gewählten Liedern und Musik.
Das allgemeine Staunen ging nach einer Stunde zu Ende. Mit langanhaltendem Applaus wurde die grossartige Leistung der Künstler verdankt. Zurück bleiben Erinnerungen an die Geschichte, die seit 2000 Jahren Menschen bewegt. Und ähnlich wie an der Krippe damals Menschen unterschiedlichster Herkunft und verschiedensten Standes zusammengefunden hatten, geschah dies auch in diesem Gottesdienst. Was die Menschen verband, war das Kind in der Krippe: Jesus.
Corinne Rath