sar. Kurz vor acht. Ein Uhrenabgleich, dann dringt der knackige Sound der Liveband durch die Saaltür im ansehlich gefüllten Dorfzentrum. Mit einem „Lüt, mir schaffe das!“ traben die 70 Jugendlichen auf die Bühne und reissen das Publikum gleich musikalisch mit. Klatschen begleitet den Titelsong „Chömed ine!“. Ich lasse es mir nicht zweimal sagen und tauche in die Musicalatmosphäre ein.
Eine aussergewöhnliche Story
Spannung liegt in der Luft. Ein Reporter meint, dass Jesus als Geschichtenerzähler nicht nur gefiel, sondern auch provozierte. Und als Geschichtenerzähler versteht sich auch Markus Hottiger, Musicalautor und Gründer der Adonia-Chöre: „Musicals sind eine zeitgemässe Form, biblische Inhalte in einem traditionell christlichen Land zu erzählen“, so stehts im Programmheft. Und er hat Recht. Gekonnt werden Erzählfäden gespannt, Perspektiven gewechselt und immer wieder Bezüge ins reale (Jugendlichen-)Leben hergestellt. Aus dem realen Leben genommen wirkt auch der „Sohn“. Man versteht seinen Drang, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Doch die Sympathien sind nicht ungeteilt. Sie gehören auch dem zurückbleibenden Vater, der im Loslassen Grösse zeigt.
Für alle Sinne
Nach diesem Vorspann gehts richtig los. „Endlich frei!“, erlebt er in einer orientalisch anmutenden Bar mit bauchtanzenden Partygirls und pokernden Hinterzimmerganoven ungewohnten Nervenkitzel. Der Chor ist mal Tanztruppe, mal Hintergrundkulisse und brilliert mit aussagekräftiger Choreografie. Kaum zu glauben, dass die Proben nur knapp vier Tage dauerten. Wie kommen Jugendliche dazu, ein ganzes Musical per Übungs-CD einzustudieren und dann eine ausgefüllte Camp-Woche mit Proben und vier Konzerten zu wagen? „Mein Bruder und meine Cousine haben schon vor mir mitgemacht“, erzählt eine Teilnehmerin, und lässt es damit bewenden – als sei es völlig selbstverständlich, aufgrund dieser Tatsache auch mit dabei zu sein.
Wieder im Alltag gelandet
Das Musical folgt dem ernüchternden Abstieg des Helden. Doch es dauert, bis Hunger und Einsicht seinen Stolz überwinden und er schliesslich nach Hause umkehrt. Dort erwartet ihn statt Vorwürfen ein Willkommensfest. Der Chor setzt alle Hände und Stimmbänder in Aktion, um der Freude Ausdruck zu verleihen. Bratenduft steigt in die Nase und während der Zuschauer noch rätselt, wie dieser Effekt technisch zu schaffen ist, dämmert die Erkenntnis, dass der Koch, ein wahres Pantomimentalent, auf der Bühne an einem echten Partygrill hantiert. Nocheinmal eine Landung in der Realität: Jäh verstummt die Musik, als der ältere Bruder nach Hause kommt. Er fühlt sich benachteiligt und ausgeschlossen. Könnte es sein, dass er als angepasster, aber verbitterter Sohn vielleicht auf eine andere Art dem Vater „verloren“ ging? Der Titelsong „Chömed ine!“ ertönt noch einmal. Und diesmal klingt die Jesus-Botschaft der Geschichte zwischen den Zeilen mit. Ein solches Debüt verpflichtet. Hoffentlich wird Einsiedeln bald wieder Konzertort der gutgelaunten Adonia-Truppe.